Boisselot & Fils, Marseille - Liszts bevorzugter Flügel

Die Klavierfabrik von Boisselot & Fils wurde in Marseille von Jean Baptiste Louis Boisselot, geboren 1782, gegründet.  J. B. L. Boisselot entstammte einer Geigenbauerfamilie aus Montpellier. Er versuchte sich zuerst als Musikalienhändler. 1823 lies er sich in Marseille nieder und widmete sich den Verkauf von Pape, Érard und Pleyel Instrumenten. Sein Sohn Louis Constantin, geboren 1809 absolvierte eine Klavierbauer-Lehre in Frankreich und England. 1830 eröffnete Jean Baptiste Louis Boisselot zusammen mit seinem Sohn Louis Constantin eine Werkstatt in Marseille und baute fortan eigene Klaviere. Die dynamische Entwicklung des Unternehmens ließ die Jahresproduktion bis 1838 auf 100 Stück und bis 1848 auf 400 Klavieren pro Jahr ansteigen. Auf der 10. Pariser Industrie-Ausstellung 1844 gewann Boisselot die Goldmedaille.



Marseille, als Hafenstadt und Umschlagplatz für edle Hölzer, erwies sich als ein besonders geeigneter Standort für den Bau hochwertiger Klavierr. Boisselot & Fils entwickelte sich in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts zu einer der bedeutendsten französischen Klaviermarken. Franz Liszt war mit der Familie Boisselot in Marseille über Jahrzehnte eng befreundet und bevorzugte die Boisselot-Instrumente, er eröffnete 1846 den Konzertsaal Boisselot in Marseille und ließ sich auf Konzertreisen von Lissabon nach Odessa, zum Unwillen und Ärger von Erard,   Boisselot-Instrumente anliefern. Diese Tournee war als Werbung für Boisselot so erfolgreich, dass bald darauf eine Filiale in Barcelona eröffnet werden musste, um die gesteigerte Nachfrage nach Boisselot-Instrumenten in Spanien zu erfüllen. Während seiner schöpferischen Weimarer Jahre spielte und arbeitete Liszt in seinem Wohnsitz, der Altenburg, ausschliesslich an einem Boisselot-Flügel. Dieser Flügel wird noch heute im Weimarer Schloß aufbewahrt und kann dort bewundert werden.


Boisselot-Flügel in Weimar

Nach dem Tode Jean Baptiste Louis Boisselots 1847 übernahm zunächst Sohn Louis Constantin das florierende Unternehmen. Leider starb er aber bereits nach drei Jahren, so dass sich der Bruder Xavier, geboren am 2. Dezember 1811, gezwungen sah, seine Laufbahn als Komponist abzubrechen. Er hatte ab 1830 am Conservatoire de Paris Kontrapunkt und Komposition studierte. Trotz seiner Erfolge als Komponist in Paris ging Xavier Boisselot 1850 nach Marseille, um nach dem Tod Louis Constantin die Leitung der väterlichen Klavierfabrik zu übernehmen. 1865 trat Xavier die Leitung des Unternehmens an den Sohn Louis Constantins, seinen Neffen Franz ab. Franz war nach seinem Paten, Liszt, benannt worden. 1893 wurde Boisselot & Fils zur "Manufacture Marseillaise de Pianos" umbenannt. Franz Boisselot leitete die neue Firma weiter bis zu seinem Tod 1908. Der Erste Weltkrieg brachte dem Unternehmen das Ende.



Der amerikanische Hammerflügel-Spezialist Paul McNulty wurde von der Klassik Stiftung Weimar auserwählt, um eine original getreue Kopie von Liszts Boisselot-Flügel zu bauen.